Ria Formosa - Südiberien

Begegnungen mit der Vogelwelt in Andalusien, der Algarve und Alentejo
Direkt zum Seiteninhalt
Reisetage
28. April  2022

Ria Formosa
Lutz und Uta Schmechta
Ria Formosa
REISEBERICHT
28. April 2022 Ria Formosa
Heute ging es die Küste entlang und an Faro vorbei in die Region Quinta do Lago, wo uns zunächst nicht fertiggestellte Wohnanlagen auffielen, dann sehr viele Werbeschilder, wie es denn hatte aussehen können oder vielleicht doch noch aussehen würde. Zielgruppe waren vor allem Senioren aus Großbritannien, Golfbegeisterte, Leute, die dem nebligen nordischen Winter in Mittelengland entfliehen und ihr Geld in sonnigeren Gefilden investieren wollten. Vielleicht auch andere Klientel, die hier ihr Geld geparkt oder investiert hatten. Es waren Häuser im Stil englischer Landhäuser mit Säulen davor auf gepflegten Rasenflächen. Das Füllhorn verschiedener Baustile war über dieser Gegend ausgeschüttet worden.
 
 

 Blauelster  [Cyanopica cooki] Iberian Magpie                                                                  
Blauelster [Cyanopica cooki]
In diesem Idyll fielen wir also ein und richteten unsere Ferngläser sogleich auf einige Blauelstern auf Mülltonnen, die zur Leerung draußen standen. Dann wanderten wir hinunter zum Naturreservat mit seinen Schlammflächen. Holzstiege führten Richtung Dünen und offenes Meer und ermöglichten, dass wir uns mit Ferngläsern und Stativen hinstellen konnten. Interessant war, dass diese Stiege sehr breit waren und Fahrradfahren erlaubt war. Auf den Schlick Flächen stocherten zahlreiche Limikolen nach Nahrhaftem im Schlamm. Dann wanderten wir weiter entlang der Grenze zwischen Naturlandschaft und der Golfplatzzone mit ihrem künstlich bewässerten Grün,
 
Wir waren entzückt über einen Wiedehopf auf dem Golfplatz, leider fuhr ein Caddy vor und er flog ab. Dafür zog ein Schwarzkopfweber im Schilfgürtel unsere Aufmerksamkeit auf sich. Diese Webervögel hatten ihren Weg aus Afrika nach Portugal vor Generationen angetreten und flochten nun auch hier ihre fragilen und stabilen Nester im Schilf. Auch Zwergtaucher, Löffelenten und Tafelenten waren hier zu Hause
 Tafelente  [Aythya ferina]                                                                   
 Maurische Bachschildkröte [Mauremys leprosa]                                                                    
 Schwarzkopfweber [Ploceus melanocephalus]                                                                   
 Wiedehopf [Upupa epops]                                                                    
Tafelente, Maurische Bachschildkröte, Schwarzkopfweber, Wiedehopf

 Schwarzkopfweber - [Ploceus melanocephalus] Black-headed Weaver                                                                

 Maurische Bachschildkröte- [Mauremys leprosa] Mediterranean Turtle
 Teichhuhn- [Gallinula chloropus] Eurasian Moorhen                                                                

 Brandgans - [Tadorna tadorna] Common Shelduck                                                               

Sandregenpfeifer- [Charadrius hiaticula] Common Ringed Plover  
Auf unserer Wanderung bestaunten wir auch die Relikte einer anderen alten Kultur, die der Gegend damals sicherlich auch olfaktorisch einen besonderen Charakter verlieh.
 
Wenn Sie schon Mal mit ausgelaufener Fischsauce konfrontiert waren, kennen Sie den Geruch. Und auch die Römer hatten damals schon ihre Fischsauce, Garum. Und die Steinwannen und Bottiche zur Herstellung fanden wir hier eingelassen in den Boden. In großem Stil schwappte in ihnen seinerzeit eine markante Brühe aus gesalzenen Fischkarkassen. In der Hitze fermentierte diese Mischung. Das Garum war quasi das Ketchup oder Maggi der Antike, bezogen auf die Gepflogenheit, es über jedes Essen zu geben. Die verschiedenen Ausgrabungen rund um Ria Formosa zeigen, dass in der gesamten Region schon im 1.vorchristlichen Jahrhundert die fischverarbeitende Industrie ansässig war. Fische wurden mit Salz in Salinen konserviert, außerdem wurde das dickflüssige Garum, eine Mischung aus Fischeingeweiden und Schnecken hergestellt. Durch Mazeration und Fermentation unter Zugabe aromatischer Kräuter.
 
Diese Herstellung fand an Orten wie diesem im großen Stil statt, also für den Export ins damalige römische Reich. So konnten auch Römer fern der Heimat sich quasi wie zu Hause fühlen, Garum verband den römischen Zenturio in einer Garnison in Castra Regina (Regensburg), den für die Abwasseranlagen zuständigen Ingenieur in „Augusta Vindelicum (Augsburg), wenn sie bei Tisch eine kleine Tonamphore entkorkten. Auf dass der Flaschengeist den ganzen Raum erfülle. Und vielleicht war auch in der Villa Rustica bei Leutstetten um 150 n.Christus das Garum aus Portugal normale Speisenzugabe. Zudem der Inhaber der Villa Rustica, ein gewisser Publius Julius Pintamus sogar aus der Provinz Hispania Citerior, aus dem portugiesischen Braga stammte.  Als Veteran bewirtschaftete er sein Anwesen am Nordufer des seinerzeit größeren Würmsees (heute Starnberger See). https://www.fuenfseenland.de/sehenswuerdigkeiten/villarustica/



Ria Formosa
Am Nachmittag wanderten wir dann durch das Naturschutzgebiet Ria Formosa, statteten dem Infozentrum von Olhao einen Besuch ab und beobachteten bei einer alten Gezeitenmühle überfliegende Fischadler. Das Gebiet mit seiner Vielfalt an Biotopformen und Pflanzengesellschaften eröffnete immer neue Blickwinkel. Die salzige Brise vom Meer strich erfrischend darüber und reicherte sich an mit Kräuteraromen. Und der See der Seidenreiher hatte nicht nur auf uns einen Zauber ausgeübt.  In der kleinen Beobachtungshütte hatte jemand in der Balustrade auf portugiesisch „Für mich ist das Friede“ eingeritzt.
 

Wie weiße Blüten balancierten die Kuh- und Seidenreiher auf mehreren großen Bäumen. In den Nestern bettelten die halbwüchsigen Jungreiher, turnten herum, trainierten vielleicht dabei ihre Flügel.
Seidenreiher- [Egretta garzetta] Little Egret
Kuhreiher - [Bubulcus ibis]   Western cattle egret                                              
Reiherkolonie
Angrenzend umgab eine Wiese weißer Lilien ein weiteres Ausgrabungsgebiet aus der römischen Epoche. Infotafeln machten deutlich, dass hier ein großes ländliches Anwesen – römisch Villa - Lagerräume und Arbeiterwohnungen, eine Therme, einen Tempel und einen Friedhof umfasste. Eigentümer war der römische Bürger Herennius. Die Forscher schließen aus den Ausgrabungen, dass es zusätzlich Färbereien gab, aus kleinen Meeesschnecken, die damals dort verbreitet waren. Die kleinen Schnecken wurden gesammelt, aufgebrochen oder geschreddert und gesalzen. Nach einem langen Kochprozess war die Färbelauge fertig, Stoffe wurden eingetaucht und dann in der Sonne getrocknet. Allmählich trat dann das opulente Purpur hervor, das im römischen Reich nur bestimmten Schichten und Personen vorbehalten war.
Informationszentrum Parque Natural da Ria Formosa
Granatapfelbaum - [Punica granatum Pomegranate                                                   
Nachtreiher[Nycticorax nycticorax], Brauner Sichler [Plegadis falcinellus], Kuhreiher [Bubulcus ibis]
Zurück zum Seiteninhalt