Am 30.Mai fahren wir zum Nationalparkzentrum des Białowieski Park Narodowy [Urwald von Bialowieza], das neben einer ehemaligen Residenz des russischen Zaren durch seine moderne Bauweise kontrastiert und ein Hotel, Veranstaltungsräume für Ausstellungen und das Informationszentrum umfasst, mit Blick auf den Park im englischen Stil. Wir erstehen jeder eine Tasse mit Wisentmotiv, so wie die prähistorischen Jäger und Sammler Tiere an Höhlenwände bannten, um das echte Tier erlegen zu können, möchten wir einfach nur einen Blick auf echte Wisente werfen –lebendige wohlgemerkt und ihnen dann im Nachklang mit einem Schluck Tee aus der Wisenttasse zuprosten. Ob die Magie wirkt, wir werden sehen.

Erst einmal gelingt es uns, mit Piotrs Hilfe, eine Bruthöhle mit ein und ausfliegendem Mittelspechtpaar zu finden. Er rät Lutz ab, die benachbarte zweite Bruthöhle in einem alten Baumstumpf aus der Nähe zu betrachten. Dort schweben auch gelbgetigerte größere Insekten vor ihrem Nest, Hornissen. Piotr erzählt, dass er erlebt hat, dass – nicht für ihn selbst- die Begegnung mit diesen Tieren im Krankenhaus geendet hat. Allerdings sind Hornissen im Normalfall sanftmütig und harmlos.

Wir halten uns dann doch an die Mücken oder die Mücken eher an uns.

Piotr stellt uns dem Nationalparkguide vor, der uns uns vier Stunden lang durch die Kernzone des Nationalparks führt, denn nur mit einem offiziellen Guide ist der Zutritt zur Kernzone erlaubt. Unser Führer erklärt uns sehr kompetent die dort lebenden und wachsenden Pflanzen und ihre Besonderheiten, besonders faszinierend finden wir es, dass ausgewachsene Pflanzen neben ganz jungen Bäumen in derselben Höhe ein filigranes Muster der Blattformen und Grüntöne bilden. Auf Stegen laufen wir durch diese Vielfalt, blicken hinauf an Baumriesen, wie der Bergulme, die als eine der wenige das Ulmensterben überlebt hat und wohl resistent ist. Ihre Samen – klein, braun und in heller pergamentartiger Hülle - werden die Saat für eine neue Generation Ulmen legen.

Gegen halb zwei sind wir wieder beim Bus und Lutz holt Spektiv und Kamera, um die Mittelspechthöhle zu filmen. Danach fahren wir noch zu Familie Wiedehopf, die in einer Linde in einem Dorf wohnt. Herr Wiedehopf beobachtet uns seinerseits und da wir ahnen, dass er vorsichtig ist und deshalb die Kleinen auf die fette Grille in Papas Schnabel warten müssen, stören wir nicht weiter und fahren unsererseits zur Fütterung.

Unserem Mittagessen. In der folkloristischen Lokalität werden uns sehr gute Pirogi mit verschiedenen Füllungen wie Wildschwein, Pilzen, Sauerkraut serviert. Danach genießen wir noch eine Napoleonka oder wie das Schichtgebäck aus Pfannkuchenteig und Marmelade, serviert mit Sahnetupfen, genannt wird. Derart genudelt erlassen wir das Lokal und versichern einander, dass wir jetzt zu träge sind um durch die Gegend zu latschen und nach Vögeln zu schauen. Wir steigen in den Bus… und springen gleich elektrisiert hoch, als Piotr uns auf einen Schreiadler hinweist. Wir springen aus dem Bus um ihn möglichst rasch vor die Linse zu bekommen. Die Trägheit ist weggeblasen.

Der Nachmittag gehört dann nach einer kurzen Siesta der Suche nach dem Wisent und der Abend führt uns in ein nebliges Moor zur Doppelschnepfe. Zufrieden mit der Begegnung mit diesem seltenen Vogel folgen wir noch den Rufen des Wachtelkönigs und dann stapfen wir zurück, nur mit dem Licht des Sichelmondes geleitet und hören im Moor noch einmal die Wachtelkönige und die Rehböcke mit ihrem hustenden Balzruf. Zufrieden und reichlich müde kommen wir gegen elf in unserem Quartier an.