Singschwäne

 

3.Juni, Samstag – Unter der Wasserlinie.

Morgens auf dem Zeltplatz
Morgens auf dem Zeltplatz

Am nächsten Morgen vor dem nächsten Duscher hält es uns nicht mehr in dieser netten gepflegten und etwas langweiligen Wohnwagensiedlung.

Wir packen, falten und trocknen Innen  und Außenzelt, rollen Matten zusammen, verstauen, was das Zeug hält und nach kurzem Zwischenstopp in Lemvig geht’s weiter über Paris
– um die Zeit fast menschenleer, zur Hauptstrecke. Die Alleen scheint der Wind schief gebürstet zu haben.

 

 

 

 

 

Allmählich gestaltet sich die Landschaft abwechslungsreicher, mit Meeresarmen und Seen, dazu fängt so etwas wie Sonnenschein an, der das Wasser blausilbern glitzern lässt und unser Appetit auf die eingekauften Fischbrötchen steigt. Als wir Dünen und Strand sehen, parken wir kurzentschlossen und stapfen durch den Sand – dem weiten Sandstrand entgegen.

In der Ferne, Richtung Hanstholm, sehen wir ein großes Schiff landen. Unsere Fähre? Als wir dann schließlich entschlossen das letzte Stück zum Hafen zurücklegen, sehen wir: Es ist unsere Fähre. Von der Straße aus wirkt sie wie eine Fata Morgana. Sie ist das höchste „Gebäude“ in dem kleinen Hafen, der nur einmal pro Woche belebt scheint. Wenn die Karawane der Globetrotter und der Trailer und Wohnmobile einfällt, um alsbald im Bauch der Norröna zu verschwinden, im Tausch gegen eine ebenso lange Schlange an Rückkehrern. Nach diversen Imbissen zum Zeitvertreib –Lutz´langersehntes Lakritzeis!!! – reihen wir uns in die Warteschlange.

Ein Blick von der Norröna auf den Hafen
Ein Blick von der Norröna auf den Hafen

Und dann fahren wir über die Schwelle, die die Landeiexistenz von der schwimmenden, rollenden, wiegenden Seefahrerzeit trennt, das Festland von der Herausforderung von hunderten  Kilometer auf dem Meer. Als unser Graundi im Bauch der schwimmenden Tiefgarage fest und gut untergebracht ist, packen wir unsere Siebensachen für die zwei Nächte auf See und suchen unser Quartier. Die Treppen führen immer tiefer hinunter, unter die Decks mit Autos und Trailern. In der Unterwelt mit wasser- und feuerfesten Türen, die nur mit Codekarte zu öffnen sind, liegen die Liegeabteile, nett als Couchette umschrieben, wir denken eher an das englische Wort coffin…Belebt wird die hermetisch abgeriegelte Atmosphäre durch das sonore Brummen vom Maschinenraum her, dessen Wärme haben wir im Rücken, die Wassermassen der Nordsee vor uns, Trailer, Busse und Baumaschinen über uns. Das Rollen wie bei einer einer Schiffsschaukel und Fischgeruch könnten fast auf einen Jahrmarkt versetzen… Wir verstauen unsere Sachen und suchen den Weg nach oben. Über die Treppen sind es fast fünf Stockwerke.

Man sollte seine möglichen und auch unmöglichen Fluchtwege kennen. Oben beobachten wir vom Achterdeck, wie weitere Busse, Jeeps, Womos und Trailer mit Containern in den Bauch des Schiffes rollen, wo die schwereren Fahrzeuge nach einem ausgeklügelten System mit Stahltrossen angebunden werden. Dann geht es los, mit einem Sirenenon hebt sich das große Hecktor, die riesigen Seile werden eingezogen. Die große Fähre gleitet durch das Hafenbecken, wendet den Bug nach Westen und beginnt mit dem Ansturm der Brandung jenseits der Molen zu kämpfen, es ist ein Innehalten, Kraft gegen Kraft, der Bug senkt sich gegen die Wellen, dann durchbricht die Norröna diese magische Linie, die Fahrt im Zeichen des Merlin hat begonnen.   weiterlesen

Im Zeichen des Merlin
Im Zeichen des Merlin