Nordnorwegen 2015    Varanger Halbinsel
Durch fünf Länder zwischen Ostsee und Eismeer
Sperbereule [Surnia ulula] Ekorøy am Varangerfjord Falkenraubmüwe [Stercorarius longicaudus] Am Eismeer Junge Sperbereule [Surnia ulula] Sperbereule [Surnia ulula] Goldregenpfeifer [Pluvialis apricaria] Hammingberg am nördlichsten Ende Auf Hornoya Krähenscharbe [Phalacrocorax aristotelis] und Tordalk [Alca torda] auf Hornoya Papageitaucher [Fratercula arctica] Pfuhlschnepfe [Limosa lapponica] Schmarotzerraubmöwe [Stercorarius parasiticus] Spornammer [Calcarius lapponicus] Das Meer Kampfläufer [Philomachus pugnax] Auf dem Weg zum Syltefjord
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Am Eismeer

Vestre Jakobselv

Am Zeltplatz und Tagungszentrum Vestre Jakobselv bekommen wir noch eine Hütte, Cabin Nr. 7. Wir buchen eine Stunde Sauna für den Abend, beziehen unser Häuschen, das liebevoll mit weißen Holzdielen, bunten vogelbedruckten Gardinen und mit Tisch, Stockbetten und Bänken ausgestattet ist. Nachdem wir etabliert sind, starten wir zur Exkursion und fahren die Küstenstraße zurück nach Varangerbotn. Hier, bei den

Am Samimuseum
 Am Samimuseum

Beobachtungshütten beim Sami-Museum hüpft uns der Polarbirkenzeisig direkt vor die Kamera. Er hat im Birkenwäldchen Schutz vor dem herabrauschenden und unablässigen Regen gesucht. Wir suchen dann auch Schutz und zugleich Ausblick in den achteckigen Beobachtungshütten und sichten von hier aus immerhin einen Seeadler. In dieser Woche sehen wir immer wieder diese Vögel entlang der Küstenlinie auf Felsen sitzen und aufs Meer schauen. Adlerküste.

 


Auf dem Weg zurück zum Zeltplatz biegen wir noch rechts zur Kirche von Nesseby ab. Vom dortigen Parkplatz aus sehen wir: Rotschenkel [Tringa totanus], Gänsesäger [Tringa totanus], Pfuhlschnepfe [Limosa lapponica], Brandgans [Tadorna tadorna] und Große Brachvögel [Numenius arquata].
Natürlich ergeben sich auch interessante Gespräche mit anderen Birdern, die wie wir aus der näheren oder weiteren Ferne aus Belgien, Frankreich, Dänemark und Deutschland angereist sind.
Wir laufen dann noch an der Kirche vorbei und in die Hügel der angrenzenden Halbinsel. Hier, im Grasland befindet sich ein Süßwassersee, der Odinshühnchen und ein weiteres Mal auch einen Eiderentenkindergarten anlockt.

 


Mit Abendessen und entspannender Sauna klingt dieser erste Tag an der Eismeerküste aus. Und am nächsten Tag begrüßt uns strahlender Sonnenschein! Gestärkt vom Frühstück starten wir jetzt Richtung Vadsø und Ekkerøy. 

Vadsø und Ekkerøy

Ekkeroy
 Ekkerøy

Der charmante kleine Ort wäre, würde er an der Ostsee oder auch in Frankreich liegen, sicher ein wunderschöner Badeort, weiße Halbmondförmige Strände mit hellem Sand auf beiden Seiten. So aber ist der Ort eher ruhig, wenn man von der Gruppe von Birdern absieht, die hier einen Abstecher in die Hügel hinter dem Ort machen und uns im Gänsemarsch entgegenkommen. Aber sie sind  eher leise Besucher.
Laut sind die gefiederten Bewohner der Klippen, die am Hafen auf Nahrungssuche sind. Viele Seeschwalben stoßen mit aufgeregten Rufen auf die Dachbox auf dem Auto, auf Mr. Moose und auf uns  herunter, stehen in der Luft, greifen auch zu ihrer Geheimwaffe…wenn sie einen getroffen hat, ist sie dann auch gar nicht so geheim, sondern sehr offensichtlich.

 


Die Hafenanlagen haben einen Touch von Industriemuseum – alte technische Hinterlassenschaften wurden zum „Möven-Loft“ umfunktioniert.
Wir wandern weiter durch das Grasland hinter dem Kai und dem Fischereimuseum. Das angeschlossene Cafe´wird die Saison auch erst eröffnen, ist also zu.
Von Ekkeroy aus fahren wir weiter die Halbinsel entlang. Hier bei Komagver soll es einen Vogelerkundungspfad geben, der von einem Parkplatz abseits der Straße starten soll.
Soll….abseits ist dann wirklich abseits. Eine kaum erkennbare Piste, auf der Mr. Moose erstmals seine Allgrip-Fähigkeiten überzeugend unter Beweis stellt! Auch auf lockerem Geröll.


Und Parkplatz ist nicht wirklich Parkplatz. Aber wenn der Parkplatz durch die rufende Pfuhlschnepfe, die verleitet, definiert ist, ist dies dann wohl der Vogelerkundungsstartpunkt.

Pfuhlschnepfe Bar-tailed godwit 
[Limosa lapponica]
 Pfuhlschnepfe Bar-tailed godwit
 [Limosa lapponica]

Aufgeregt ist die Schnepfe nicht wegen uns, sondern wegen der Raubmöven. Wir laufen dann noch etwas ins Gelände, dort entdecken wir noch mehr versteckte ornithologische Raritäten. Wie die Singschwäne auf dem kleinen Gewöässer.
Den Tag runden wir dann ab mit einem Abstecher nach Vardø, um uns die örtlichen Gegebenheiten rund um den Hafen anzusehen, wollen wir doch am nächsten Tag früh mit dem Schiff zur Vogelinsel Hornoya. So sind wir dann am nächsten Tag auch nicht überrascht, dass zwischen Festland und der Stadt ein Meeresarm liegt und die Straße in einem Tunnel verschwindet. Wir fahren noch kreuz und quer durch die etwas vereinsamt wirkende Stadt. Vardo war im zweiten Weltkrieg durch Bomben in Schutt und Asche gelegt worden, eine traf damals das Krankenhaus.

Die Stadt hat ein offensichtliches Schmerzgedächtnis und wirkt traurig. Noch mehr Trauriges reicht weiter zurück in die Vergangenheit und hat nicht mit politischem, sondern mit religiösem Fanatismus zu tun: Frauen der Stadt fielen einer beispiellosen Hexenverfolgung zum Opfer.
Wir fahren zurück Richtung Vestre Jakobselv – die Sonne kommt heraus, beleuchtet die Strände von Ekkeroy, ein Regenbogen spannt sich über das Eismeer. Und wir zählen insgesamt fünf Seeadler, die an der Küstenlinie entlang auf Felsen ihren Ausguck bezogen haben.

Hornoya

Schon am nächsten Morgen früh fahren wir die gleiche Strecke wieder entlang, um das 9-Uhr-Schiff nach Hornoya zu erreichen. Vom Hafen aus bringt es uns in rascher Fahrt zu der nur von Vögeln bewohnten Insel. Gut, im Leuchtturm kann man übernachten, das haben wir gelesen.  Hier ist man umgeben von Vögeln, die rufen, die über einen hinwegfliegen, die sich in der Luft erleichtern ( dazu gleich mehr ), die ins Meer hinabstoßen und den Fang des Tages dann hoch zu den Klippen und zu ihren Jungen transportieren.


Die Eismeertaufe hatten wir ja schon bei der Überfahrt. Da hat die Gischt uns ziemlich von der Seite her erwischt. Aber mit dicken Winterjacken sind wir ja bestens ausgerüstet.

 

Auf Hornoya klingt es nach prasselndem Regen, aber nur ganz kurz. Gut, dass wir die Kapuzen übergezogen haben. Compo Guano kann ins Auge gehen. Die weißlich-gelben Flecken konnten wir aber relativ mühelos wieder von den Jackenärmeln entfernen. Soll ja Glück bringen, von einem Vogel „angesch...“ zu  werden. Wir erwandern dann auf Pfaden, die mitten durch die Vogelkolonie führen, die Insel, statten dem Leuchtturm einen Besuch ab, der dann doch nicht unser Übernachtungs-quartier wird, was möglich wäre, mit Vorbuchung natürlich.

An dem Tag ist es relativ mild und wir sitzen unten an der Anlegestelle – „Ein Schiff wird kommen“ und blicken hinaus auf das geflügelte Gewimmel auf dem Meer und hoch zu den Papageitauchern, die mit gespreizten roten Füssen und heftig rudernden Flügeln über uns hinweg segeln, zu den Gryllteisten und Tordalken, die auf dem Wasser schaukeln und in Wellentälern verschwinden oder auch abtauchen, Krähenscharben, Lummen und Dreizehenmöven unterhalten sich lautstark in den Felsen hinter uns, eindeutig: Hier sind wir die Gäste.
Endlich holt uns dann das Schiff ab, das wir über einen hohen schmalen Gittersteg erreichen, der auf der einen Seite an der Insel befestigt ist, auf der anderen Seite auf einem schwankenden Ponton.

Und dann geht es auch schon los, durch die Wellengischt und mit hohem Tempo. Als wir wieder festen Boden unter den Füßen haben, fahren wir weiter nach Hammnigberg. Die Strecke ist als eine der schönsten Auto und Motorradrouten ausgewiesen und mit atemberaubenden Kurven ausgestattet. An einem Traumstrand halten wir an und eindrücklich bleiben uns die im Sturzflug tauchenden Baßtölpel und die ersten Falkenraubmöven auf dieser Reise. Wir tauchen nicht ins kühle Naß. Denn wir haben keine Neoprenanzüge.
In Hammnigberg ist die Straße dann wirklich zu Ende.

Der kleine Ort sonnt sich im Frühlingslicht. Er wirkt norwegisch und pittoresk. Es gibt allerdings Geschichten von Birdern, die hier noch im Mai vom Schnee überrascht wurden und dann hier ohne Lebensmittelgeschäft und Hotel und bei gesperrten Straßen frierend ausharren mussten. Heute scheint aber die Sonne. Auch die Birder-Truppe vom Vortag in Ekkeroy ist wieder da. Ach ja, auf dem Schiff waren sie heute auch. Wir gondeln dann die gesamte Küstenstraße wieder zurück, Richtung Quartier.


Am nächsten Tag fahren wir dann eine große Tour  oben herum, auf die Anhöhen des Kongsfjordfjellet, Richtung Batsfjord.

Wir suchen erneut den Mornell

Und für diese Suche nehmen wir eine Wanderung über den Fjäll auf uns. Entlang an Bächen, über Felsen, deren Moosüberzug anmutet wie die Haut der Galapagosechsen. Zusammen mit graugrünen Flechten und grünroten Moosbeerenbüschen bietet diese vielfarbige Vegetation eine gute Tarnung für den Mornell, wäre er denn da.


Im Fjell auf der Suche nach dem Mornell. convert webm on mac by EasyHtml5Video.com v1.5.1

 

Auf jeden Fall will uns ein Goldregenpfeifer, sein populärerer Verwandter, mit seinem Tüüüt, Tüüüt verleiten. Aber es klingt eben nur entfernt wie das Pütt, pütt, pütt, fijee des Mornell. Der bleibt stumm. Weil er wahrscheinlich nicht da ist.


Nach einem stärkenden Mittagessen im Hafenrestaurant in Batsfjord fahren wir noch in den benachbarten Syltefjord. Von hier aus könnte man 12 Kilometer zu Fuß zu einer der nordöstlichsten Baßtölpelkolonien Europas – wenn wir das nun richtig verstanden haben – LAUFEN. JA! Laufen, nicht fahren.

 


Da wir die Baßtölpel am Vortag haben tauchen sehen, sind wir eigentlich damit auch zufrieden und fahren zurück. Nicht ohne nochmals ins Fjäll hochzulaufen. Müde kehren wir zum Mr.Moose zurück und wir  überqueren im Midsommerabendlicht die Hochebene mit den ausgesetzten Snowmobilen und hinunter nach Tanabru und weiter Richtung Varangerfjord. Gut, dass wir uns abwechseln können.

So kann jeder einmal ausruhen.
Auf der Suche nach der Sperbereule zieht es uns dann Richtung Kirkenes. Wir haben zwar Koordinaten bekommen, aber unser Navi hat mit der Dezimalreihung der Breiten – und Längengrade so seine Probleme. Während der Fahrt versucht Lutz das Problem zu lösen und hat so als Beifahrer wenig von der

eigentlich wunderschönen Landschaft mit  von der Eiszeit gerundeten Granitfelsen. Diese kleinen Gipfel lassen sich bei einer kleinen Unterwegswanderung rasch erklimmen und von dort geht der Blick über die heute kobaltblaue Wasserfläche des sommerlichen Eismeers.
Kurz vor Kirkenes beginnt es dann zu regnen. Wir entschließen uns, essen zu gehen und landen in einem Kebab-Restaurant, das heute am Sonntag, auch von zahlreichen russischen Tagestouristen, vor allem Familien, gut besucht ist.
Schon am Kreisverkehr vor Kirkenes gab es einen Wegweiser Richtung Murmansk. Hier ist Grenzland zu Rußland. Darüber möchten wir mehr erfahren und fahren zum Grenseland-Museum Kirkenes.

Wenn man den hellen freundlichen Eingangsbereich passiert hat, gelangt man in den Ausstellungsbereich und wird gleich durch die Lichtstimmung, die Exponate und die Texte in die Zeit des 2.Weltkriegs versetzt. Die Ausstellung macht die Folgen und Auswirkungen für die Zivilbevölkerung deutlich, zeigt, über welchen – auch emotionalen - Tiefenschichten wir uns bewegen. Der Thematik begegnen wir einige Tage später in differenzierter Weise auch in einem Gespräch mit einem jungen norwegischen Geschichtsstudenten aus Oslo im Hafenmuseum in Berlevag.


Nach dem Museumsbesuch sind wir noch etwas benommen und brauchen frische Luft. Nachdem wir immer noch nicht die Koordinaten für die Sperbereule ausgemacht haben bzw. die Koordinaten, wo sie VIELLEICHT ihren Jagdansitz haben könnte, beschließen wir, auf gut Glück noch etwas herumzufahren um eventuel doch z-B. den Arctic Warbler zu sehen und steuern eine Halbinsel an, auf die uns ein Wegweiser aufmerksam gemacht hat.
Wir biegen von der Hauptstrecke ab und fahren eine ruhige Straße entlang, rechts Weiden von einigen Bauernhöfen, links Birkenwald und an der Straße Telegrafenleitu …ng…Stopp, HALT….da oben sitzt jemand oder etwas, 2 pummelige Silhuetten im Abstand von mehreren Metern. Vorsichtig halten wir an und schauen durchs Fernglas: Sperbereulen.

Zwei Jungvögel. Flauschig- graues und schon gesperbertes Gefieder, Federhosen, mit ihren kleinen, aber kräftigen Krallen halten sie sich auf dem Kabel fest und blicken ernst mit den großen Augen mit der gelben Iris um die schwarze Pupille auf uns herunter. Am Schnabel des einen sehen wir: Es hat Maus zu Mittag gegeben, oder Lemming, oder ein anderes Kleintier, was die Eltern von der Jagd mit gebracht haben.

Wir steigen sehr vorsichtig aus, machen etliche Fotos und Videos und ziehen uns dann diskret zurück, Danach rauscht etwas über uns hinweg, der Altvogel baumt am Telegrafenmast auf und mustert uns streng.
Wir steigen wieder  ins Auto, das wir seitwärts geparkt haben und suchen bei der nahegelegenen historischen Holzkirche einen Parkplatz. Dann laufen wir zurück und halten uns im Hintergrund hinter der Statue des Anglerbären.
Wir werden belohnt mit schönen Beobachtungen des Familienlebens, als der Altvogel nochmals anfliegt und die Jungen füttert.

Bzw. es wird erst einmal etwas, was wie eine Maus aussieht, jedenfalls vom Schwanz her zu schließen, angeliefert an Jungvogel 2 links auf der Leitung. Dann sehen wir nach 15 Minuten ( gute Jagdquote ) die Eule ins Birkengehölz dahinter einfliegen, wo noch Jungvogel Nr. 3 sitzt. Jungvogel 1 vor uns ist noch ohne Futter. Wir bleiben nicht mehr lange, drücken dem Kerlchen aber die Daumen, denn sein Fiepen und Hin – und Her rutschen auf dem Draht hört sich deutlich nach HUNGER an. Und wir wollen die Elterneulen ja nicht irritieren und davon abhalten, ihn zu füttern. Deshalb fahren wir. Zufrieden und glücklich über diese sehr schöne und vor allem unverhoffte Begegnung kehren wir ins Quartier zurück.

 

 

 

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